BotschaftZiel des Projektes Schritt zur Versöhnung ist es, eine Begegnung unter den Menschen guten Willens mit Vorliebe zur klassischen Musik und mit gemeinsamen Wurzeln und Geschichte anzuregen. Wir leben schon seit mehreren Generationen nebeneinander und das Zusammenleben bringt immer sowohl schöne als auch düstere Erlebnisse und Erinnerungen mit sich.
Der Schritt zur Versöhnung knüpft an ein historisches Ereignis an: Während des zweiten Weltkriegs haben die Häftlinge des Ghettos Theresienstadt das Requiem von Giuseppe Verdi unter unmenschlichen Bedingungen in einem trüben Keller einstudiert und insgesamt sechzehnmal aufgeführt. Diese Tat stellte das Schöne und das Düstere auf eine besondere Art und Weise in Kontrast. Es gab den jüdischen Bewohnern die Gelegenheit, während einer schweren, fast untragbaren Zeit in der Verhaftung, etwas Schönes zu erleben, das ihnen ihre menschliche Würde zurückbrachte und dadurch auch die Kraft, die schmerzliche Tage zu überleben. Leider hat es nichts daran geändert, dass die meisten nach dem letzten Konzert nach Auschwitz transportiert wurden, wo sie in den Gaskammern starben. Wir glauben mit unserem Projekt an diese historische Fakten zu erinnern und gleichzeitig durch die gefühlvolle Musik unseren Zuhörern in 4 tschechischen und 2 deutschen Städten ein hochwertiges künstlerisches Erlebnis anzubieten. Das Projekt fokussiert sich dabei ausschließlich auf Lainemusikkörper und gibt dadurch auch kleineren Chören die Gelegenheit, ein solch großes Musikstück einzustudieren und aufzuführen, was unter üblichen Bedingungen für diese nicht denkbar wäre. |
Requiem in Theresienstadt
Zur Beschreibung dieses Ereignisses erlauben wir uns, einen Teil des Interviews mit Herrn Murry Sidlin anzuführen, das für das Projekt holocaust.cz stattgefunden hatte: „Als Rafael Schächter inhaftiert wurde, hat er einen Chor von 150 Freiwilligen zusammengestellt, mit denen er nach dem Gedächtnis Verdis Requiem einstudierte. Das Stück wurde sechzehnmal aufgeführt. Diesen Abschnitt habe ich vielleicht hundertmal gelesen, weil ich ihn nicht verstehen konnte. Diese Komposition ist sehr anspruchsvoll selbst unter den besten Bedingungen, mit Menschen, die gesund sind, eigene Partituren und genug Zeit haben. Und er hatte schwache und hungrige Menschen, die noch dazu im Verlauf der Proben deportiert wurden, und er musste anfangen, wieder mit neuen Sängern zu proben. Sie verfügten über eine einzige Partitur und es wurde lateinisch gesungen… Ebenfalls war mir unklar, warum die jüdischen Gefangene ausgerechnet das Requiem gesungen haben - ein so tief in der katholischen Liturgie verwurzeltes Werk? Auch im Ghetto regte sich Widerstand dagegen, es gefiel weder den Rabbis, noch dem Jüdischen Rat. Warum also? Dann habe ich mir überlegt, dass es vielleicht etwas mit dem Text zu tun hat. Wenn man katholisch ist, ist die Bedeutung der Worte klar; aber wenn man Jude und Gefangener im Ghetto ist, liest man die Wörter anders - und das war es, denke ich, was Schächter versuchte auszudrücken, dass er im Requiem den Ausdruck des Widerstandes und der Aufsässigkeit gesehen hatte. Das ist wichtig. Er solle gesagt haben, dass er das, was er den Deutschen nicht auf Deutsch ins Gesicht sagen kann, auf Lateinisch singen wolle.“
Autor: Alice Marxová, www. holocaust.cz |